Schon jetzt ist Android das weltweit am meisten genutzte Betriebssystem.
Von smarten Uhren und Fernsehern über Auto-Infotainment-Systeme bis zu Milliarden Tablets und Smartphones reicht die Palette. Nun soll der nächste Formfaktor erobert werden, und dafür hat Google eine komplett neue Variante seiner Software parat:
Android XR soll die Basis für neue Geräte aus dem Bereich "Extended Reality" bilden, wie das Unternehmen ankündigt.
Konkurrenz zur Vision Pro
Grob lässt sich dieser Aufgabenbereich in zwei Kategorien einteilen. Da wären zunächst Headsets à la Apples Vision Pro, die grafisch aufwendig die Realität mit virtuellen Darstellungen kombinieren sollen.
Wie das aussehen soll, zeigt Google denn auch bereits in allerlei Videos vor. Darin ist etwa zu sehen, wie klassische Tools wie der Chrome-Browser oder Youtube in einer dreidimensionalen Ansicht sehr ähnlich zur Apple-Umgebung über das Realbild gelagert werden.
Die Steuerung erfolgt ebenfalls über Handgesten, selbst das vom Smartphone bekannte "Circle to Search", um nach Informationen zu einzelnen Objekten zu suchen, geht hier.
Ein erster Blick auf die Oberfläche von Android XR.
All das ist auch nicht bloß eine Vision, das erste Headset auf Basis von Android XR soll nämlich bereits kommendes Jahr auf den Markt kommen.
"Project Moohan" ("Moohan" steht im Koreanischen für "Unendlichkeit") wird dieses Gerät derzeit genannt, die Hardware wird von Samsung entwickelt. Dass die beiden Firmen gemeinsam mit Qualcomm an einer solchen Hardware arbeiten, war in den vergangenen Monaten bereits mehrfach zu hören.
ERSTE DETAILS
In Hinblick auf Details halten sich die beteiligten Firmen derzeit noch zurück, US-Medien konnten die neue Hardware aber schon ausprobieren. Daraus weiß man etwa, dass die Samsung-Brille deutlich leichter als Apples Vision Pro und somit bequemer zu tragen sein soll, angetrieben wird sie von Qualcomms Snapdragon XR2+ Gen 2.
Neben der Gestensteuerung gibt es auch ein Trackpad auf der Seite der Brille. Zudem gibt es Augentracking, damit das Interface weiß, wo der Träger oder die Trägerin gerade hinschaut.
Die erste Brille mit Android XR kommt von Samsung und läuft derzeit noch unter dem Codenamen "Project Moohan".
Wenig überraschend hofft Google, sich über die Integration der eigenen Gemini-KI von anderen abheben zu können, diese soll nämlich – auf Wunsch – immer als Wegbegleiter zur Seite stehen.
Das heißt, dass Gemini weiß, was man gerade sieht, und beliebige Fragen dazu sowie Aufgaben erledigen kann. KI sei die Killer-App schlechthin für solche Geräte, ist das Unternehmen überzeugt.
Die Vision von Google Glass wird Realität
Eine Ansage, die verständlicher wird, wenn man auf die zweite Kategorie an Geräten blickt, die Android XR abdecken soll: smarte Brillen.
Erst vor wenigen Tagen hat Google einen neuen Prototyp des eigenen Project Astra vorgezeigt, der auf solch einer Brille läuft und beliebige Fragen zur Umgebung in Echtzeit beantworten kann. Das ist jetzt auch in den Demo-Videos zu Android XR ähnlich zu sehen.
An dieser Stelle sei daran erinnert, dass Google kein Newcomer in diesem Bereich ist. So hat das Unternehmen vor mehr als einem Jahrzehnt mit seiner Datenbrille Glass für einige Aufregung gesorgt.
Das, was Google jetzt rund um Android XR und Project Astra entwickelt hat, erinnert denn auch geradezu frappant an die dereinst vorgezeigten Konzeptvideos, die zeigen sollten, wo man langfristig hinwill.
So stellte sich Google vor 12 Jahren die Zukunft von Google Glass vor.
Project Astra
Mittlerweile ist das aber kein Konzept mehr: Google hat vor wenigen Tagen angekündigt, dass Project-Astra-Brillen in den kommenden Wochen mit den ersten externen Testern geteilt werden sollen.
Die Vorstellung von Android XR macht zudem klar, dass ein Consumer-Produkt mit dieser Technologie ebenfalls nicht mehr in allzu großer Ferne liegen dürfte.
Vor allem aber konnten auch in diesem Fall US-Medien bereits erste Prototypen ausprobieren und bestätigen, dass das alles auch wirklich so klappt, wie es in den Demo-Videos zu sehen ist. Gemini reagiert also in Echtzeit auf Anfragen zum Umfeld, blendet Informationen als Overlay ein, kann dabei auch Schilder übersetzen oder bei alltäglichen Aufgaben Tipps geben.
Wer will, kann sich mithilfe von Google Maps auch durch die Straßen leiten lassen, die Richtungsinformationen werden dabei direkt über das Realbild geblendet. Regelrecht begeistert zeigt sich vom aktuellen Prototyp etwa Victoria Song bei The Verge.
Sie habe sich zum ersten Mal wie Tony Stark (Marvel's Iron Man, Anm.) im Gespräch mit seiner KI Jarvis gefühlt – oder zumindest etwas, das schon sehr nahe an diese Idee kommt.
Auf smarten Brillen zeigt sich eine deutlich reduzierte Oberfläche, zu sehen die Live-Übersetzung eines Schildes.
Die Verbindung zu Project Astra macht übrigens auch klar, warum es gerade jetzt zur Vorstellung von Android XR kommt. Laufen doch derzeit einige Entwicklungsstränge zusammen.
So hat Google gerade mit Gemini 2.0 Flash eine neue Generation seiner KI-Technologie vorgestellt, die für solch multimodale Anwendungen, also die gleichzeitige Erfassung, aber auch Darstellung von Sprache, Text und Bild massive Fortschritte bringt.
Wie wird das ankommen?
Zumindest bei der grundlegenden Vision scheint Google dereinst also richtig gelegen zu sein. Abzuwarten bleibt, wie im Jahr 2025 die Reaktionen auf deren Umsetzung ausfallen werden.
Zur Erinnerung: Google Glass hat damals nicht einfach nur negative, sondern teilweise sogar gewalttätige Reaktionen der Öffentlichkeit ausgelöst, da die Brille mit einer Kamera ausgestattet war – auch wenn sie nie von Haus aus aktiviert war. Das wäre bei neuen smarten Brillen zweifellos anders, sonst würde der allzeit verfügbare KI-Wegbegleiter schlicht nicht funktionieren.
Allerdings haben seit der Glass-Ära andere Firmen wie Snap mit seinen Spectacles oder auch die Ray-Ban-Brillen von Meta einiges an Gewöhnungsarbeit in der Öffentlichkeit vorgenommen, die Toleranz gegenüber solchen Geräten dürfte mittlerweile also höher sein.
Android XR & Project Moohan glasses:
AUSBLICK
Die aktuelle Vorstellung von Android XR ist zunächst aber einmal nur als erster Schritt zu verstehen, und zwar einer mit dem Blick auf Entwicklerinnen und Entwickler.
Geht sie doch mit der Veröffentlichung einer ersten Version des entsprechenden Entwicklungskits einher, damit Dritte nun erste, speziell angepasste Apps entwickeln können. Dabei müssen sie natürlich nicht von vorn beginnen, stellt doch Android die Basis dar. Es geht also vor allem um die Anpassung an den neuen Formfaktor mit seiner dreidimensionalen Ansicht.
Dabei werden übrigens auch dreidimensionale Web-Apps nach dem WebXR-Standard unterstützt.
Weitere Informationen zu Android XR, vor allem aber zu den ersten Geräten, die es nutzen, sollen dann in den kommenden Monaten veröffentlicht werden. (Andreas Proschofsky, 13.12.2025)
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